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ARD und Fraunhofer proben die Totalüberwachung

2011-09-15 22:21:00, zas

Das Sommerfest des SWR diesen Sonntag in Heidenheim wird diesmal ein Erlebnis der anderen Art. Denn neuerdings kümmert sich das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) um die Überwachung aller Gäste.

update

In einer Presseerklärung [2] erläutern die Militärtechnik-Fachleute des IOSB [1] zur geplanten Werbeveranstaltung auf dem Sommerfest:

Sie feiern und wir passen auf Sie auf
Am 18. September veranstaltet der SWR4 als Höhepunkt der Festsaison sein SWR-Fest in Heidenheim. Das Fraunhofer IOSB nahm die Einladung des SWR gerne an, auf dem Festival das Sicherheitssystem AMFIS einzusetzen und zu präsentieren.

Das AMFIS-System ist ein militärisches Vertragsforschungsprojekt, spezialisiert auf die Überwachung von Regionen und Straßen und das Lokalisieren und Identifizieren von Personen und Fahrzeugen. Dazu werden Daten von fliegenden Drohnen, Heliumballons, Funk-Sensornetzen, Infrarotkameras und Webcams ausgewertet. Das technische Arsenal wird nun auf dem SWR-Sommerfest aufgefahren. Ziel des Einsatzes von AMFIS ist das Feststellen auffälligen Verhaltens. [3] Das Friedensplenum Mannheim [4] schätzt das Fraunhofer-Institut IOSB als Institution ein, die sich überwiegend durch militärische Auftragsforschung finanziert und zum »effizienteren Töten beiträgt«.

Militärtechnik und »Technologie für die Verteidigung« ist das größte Geschäftsfeld des Fraunhofer-Instituts IOSB. Daß die wehrtechnische Forschung nun allerdings an feiernden Zivilisten getestet wird, scheint ein ganz neues Geschäftsfeld zu werden. Zukünftig sollen wohl deutschlandweit Festveranstaltungen überwacht werden.

Was die Militärtechnik auf einem zivilen Sommerfest der ARD zu suchen hat, bleibt das Geheimnis der Organisatoren, ebenso, warum ein solches Fest effizienter überwacht werden soll als die Camps Delta und Echo in Guantánamo. Viel Phantasie ist jedoch nicht vonnöten, um vorherzusehen, auf welchen anderen zivilen Schlachtfeldern das hier erprobte und angepriesene System demnächst zum Einsatz kommt.

Die Veranstalter der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt stören sich offenbar auch nicht daran, daß die Überwachung der Sommerfestgäste offensichtlich rechtswidrig ist, [5] wie die Justiz und der Landesdatenschutzbeauftragte bereits in einem vergleichbaren Fall klar geäußert haben.

Wer da noch Spaß am Feiern haben sollte, der wird bei jedem Schritt und jedem getrunkenen Bier von vollautomatischen Überwachungsdrohnen auf Video festgehalten werden. Nicht einmal im Gebüsch wäre man ungestört, denn hierüber wacht natürlich ein Infrarot-System.

Update

Der SWR erklärt in einer E-Mail an den Chaos Computer Club den Einsatz des AMFIS-Systems. Hier Auszüge der E-Mail im Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich habe bereits am Freitag nachmittag an ccc.sofortstart.de [sic] folgenden Hinweis gemailt:

Die Aussagen auf Ihrer Online-Seite zum SWR4 Fest in Heidenheim beziehen sich auf eine äußerst missverständliche Pressemitteilung des Fraunhofer Instituts. Diese vermittelt den Eindruck, der SWR habe das Institut beauftragt, ein Sicherheitskonzept für das SWR4 Sommerfest zu entwickeln und umzusetzen. 
Das ist nicht der Fall. 
Das Sicherheitskonzept ist zwischen dem SWR und der Stadt Heidenheim abgestimmt und sieht an keiner Stelle den Einsatz von Überwachungsdrohnen oder ähnlichem vor. Das Frauenhofer Institut wurde als Repräsentant der Studioregion Karlsruhe eingeladen, um sich vor Ort als Teil des Markts der Regionen zu präsentieren. Dabei wurde zu keinem Zeitpunkt, weder von der 
Stadt Heidenheim als örtlichem Veranstalter noch vom Südwestrundfunk, ein Auftrag erteilt, die Überwachung der Gäste zu übernehmen. Lediglich vorbesprochen wurde der eventuelle Einsatz eines kleinen Fesselballons, der Luftbilder für die Fernsehberichterstattung im SWR Fernsehen liefern könnte. Eine Datenspeicherung findet nicht statt. 

Ich möchte Sie bitten, dies auf Ihrer Onlineseite richtigzustellen.

Beste Grüße

SÜDWESTRUNDFUNK
Wolfgang Utz
Leiter Pressestelle